Schon vor dem Treffen Joe Bidens mit Wolodymyr Selenskyj war klar, dass der ukrainische Präsident Washington nicht mit dem erhofften Freifahrtschein verlassen würde. Sie erwarte keine Ankündigung, sagte Sprecherin Karine Jean-Pierre kurz vor der Begegnung der beiden Männer im Oval Office am Donnerstag. Worauf sie anspielte: Die amerikanische Erlaubnis für Kiew, Waffen westlicher Produktion mit großer Reichweite auf russischem Gebiet einzusetzen. Das ist dieser Tage Selenskyjs dringlichste Bitte.
Biden beließ es nach dem halbstündigen Gespräch denn auch bei allgemeinen Worten der Unterstützung. Man stehe jetzt und in Zukunft an der Seite der Ukraine. Russland werde „diesen Krieg nicht gewinnen“, sagte der amerikanische Präsident. Dann dankte er Selenskyj dafür, dass dieser ihm seinen „Siegesplan“ erläutert habe. Der Ukrainer wiederum sprach Biden seinen Dank für die knapp acht Milliarden Dollar Hilfen aus, die dieser am Morgen freigegeben bzw. neu angekündigt hatte.
Selenskyj dürfte nicht damit gerechnet haben, dass Biden aus heiterem Himmel seine Haltung zum Einsatz der Waffen in Russland ändert. Wenngleich diese Forderung wohl Teil des groß angekündigten „Siegesplans“ gewesen ist, den der Ukrainer dem Amerikaner in Washington als Erstem „vollständig“ präsentierte. Doch für Selenskyj war der Besuch noch in anderer Hinsicht wichtig. Kurz vor der Präsidentenwahl dürfte es die letzte Gelegenheit gewesen sein, den wichtigsten Verbündeten an die Bedeutung der ukrainischen Sache zu erinnern – solange dieser dafür noch empfänglich ist. In nicht einmal sechs Wochen entscheidet sich an den Wahlurnen, ob sich die Haltung Washingtons zu Kiew von Januar an grundlegend verändert.
Der Krieg könne „nur mit den Vereinigten Staaten gewonnen werden“
Die Verbreitung des „Siegesplans“ war daher auch dazu gedacht, Selenskyjs Beziehung zu Bidens potentiellen Nachfolgern auszuloten. Kamala Harris freilich kennt Selenskyj als Vizepräsidentin schon. Ihr Treffen am Donnerstag war das sechste seit dem russischen Überfall auf die Ukraine und der Ton erwartungsgemäß freundschaftlich. Die Demokratin hat mehrfach hervorgehoben, auch sie werde als Präsidentin bis zum Ende an der Seite Kiews stehen. Daran ließ sie auch am Donnerstag keinen Zweifel.
Ihre Ansprache vor dem Gespräch mit Selenskyj war auch eine Botschaft an die amerikanischen Wähler. Ohne Trumps Namen zu nennen, warnte Harris vor einer America-First-Politik. Die Geschichte habe gezeigt, „dass die Vereinigten Staaten sich nicht vom Rest der Welt isolieren können und sollten“. Abschottung komme nicht Schutz gleich. Außerdem werde Wladimir Putin nicht vor anderen Staaten und NATO-Verbündeten Halt machen, wenn man ihm keinen Einhalt gebiete. Selenskyj wiederum hob die Bedeutung der amerikanischen Hilfe ein weiteres Mal vor, als er sagte, der Krieg könne „nur mit den Vereinigten Staaten gewonnen werden“.
Im Gegensatz dazu treten die Bruchlinien Kiews mit einer möglichen Trump-Regierung dieser Tage besonders deutlich hervor. Eine Gesprächseinladung über den „Siegesplan“ lehnte Trump offenbar ab. Laut seinem Team war kein Treffen der beiden Männer angesetzt. Selenskyj sprach dagegen am Donnerstagmorgen mit Kongressabgeordneten beider Parteien.
Trump harshly criticized Zelensky at a campaign rally in North Carolina this week. Among other things, he accused him of not seeking an agreement to end the war with Russia despite financial support from the United States. The Ukrainian is “probably the greatest businessman in the world,” Trump said. He received billions on every visit without bringing about an end to the war. A “bad deal” is better than the ongoing destruction in Ukraine. Trump repeatedly claims that he will be able to end the war immediately if he is re-elected president. He also claims that Kiev should have compromised earlier to end the fighting.
Biden countered such statements on Thursday when he said further aid would strengthen Ukraine’s position in future negotiations. The previously announced support includes so-called Joint Standoff Weapons, glide bombs with a range of around 100 kilometers that are intended to “improve Ukraine’s long-range attack capability,” as well as another Patriot air defense system.
Zelensky recently said about his “victory plan” that he could not say with 100 percent certainty that it would stop Russian President Vladimir Putin. However, those close to him say that such conditions will be created so that Russia can no longer avoid peace negotiations. In addition to agreeing to the use of long-range weapons on Russian territory, the plan apparently also envisages Ukraine joining NATO soon. In addition, Zelenskyj should insist on long-term security guarantees – which would also withstand a change of course by the American government.
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