Ganz im Stillen will Rupert Murdoch die Zukunft seines Imperiums neu regeln – vor einem Gericht in Nevada, das darüber entscheiden soll, ob Murdoch, 93, die Satzung seiner eigentlich unveränderlichen Familienstiftung zugunsten seines Sohnes und designierten Nachfolgers Lachlan umschreiben darf. Murdoch will Lachlan, 53, das alleinige Stimmrecht in Fragen seines weltumspannenden Medienkonzerns einräumen, anstatt, wie bisher geregelt, seinen vier älteren Kindern gemeinsam – also außerdem Prudence (64), Elizabeth (56) und James (51).
Der Schritt könnte erhebliche Konsequenzen für den Konzerns haben, zu dem unter anderem der Trump-nahe US-Sender Fox News, das „Wall Street Journal“ und das Boulevardblatt „New York Post“ zählen. Nicht zuletzt geht es um die politische Ausrichtung und deren Bedeutung für die gesamte amerikanische Medienlandschaft. Darum haben sechs große Medien – die Agentur AP, CNN, der öffentliche Sender NPR, die „New York Times“, die „Washington Post“ und Reuters beim Gericht in Reno beantragt, Zugang zu der Verhandlung und den Gerichtsdokumenten zu bekommen. Die Zukunft des Murdoch-Imperiums sei „ein Fall von großem öffentlichem Interesse“ heißt es in dem Antrag, und: „Die Öffentlichkeit hat zudem ein Interesse daran, dass die Justiz auf angemessene und unparteiliche Weise Gerechtigkeit herstellt.“
Der Familienzwist trägt Züge eines Shakespeare-Stücks
Rupert und Lachlan Murdoch sind nicht nur politisch auf derselben Linie, sie sehen Fox News’ Anbiederung an Trumps Fans und den Handel mit Halb- und Unwahrheiten als einträgliche Strategie, die es ohne Rücksicht auf Konsequenzen für die amerikanische Gesellschaft weiter zu verfolgen gilt. Elizabeth und James haben dagegen ihre Kritik darüber zum Ausdruck gebracht und gelten wie Prudence, die sich weitgehend aus der Öffentlichkeit heraushält, als Gegner dieses Kalküls.
Der Familienzwist trägt schon seit Jahrzehnten Züge eines Shakespeare-Stücks. Elizabeth hatte sich im Jahr 2000 aus dem Familiengeschäft zurückgezogen und eine erfolgreiche Karriere als TV-Produzentin begonnen. Lachlan war mit seinem Vater mal mehr, mal weniger d’accord. Nachdem er sich 2005 als Vizegeschäftsführer der News Corp. mit dem mächtigen Fox-News-Chef Roger Ailes überworfen und sich nach Sydney zurückgezogen hatte, erschien der ältere Murdoch-Sohn James als Nachfolger Ruperts. James kämpfte sich im Konzern empor, aber seine liberalen politischen Tendenzen, Engagement im Umweltschutz und Pläne, News Corp. aus der rechten Ecke herauszuholen, missfielen dem Patriarchen. Als James 2012 als Chef des britischen News-Corp-Arms den Kopf für den Abhörskandal hinhalten musste, in den mehrere von Murdochs englischen Publikationen verwickelt waren, kehrte Lachlan zurück an die Spitze. James fühlte sich ausgebootet, und nachdem Trump 2017 Neonazis bei einem Aufmarsch in Charlottesville als „feine Leute“ bezeichnet hatte, ging er seinen Vater und Bruder wegen der unerschütterlichen Trump-Treue von Fox News an – ohne Erfolg. Lachlan wurde 2018 zum offiziellen Nachfolger Murdochs gekürt, James zog sich 2020 aus der News Corp. zurück.
Nun stemmen sich James, Elizabeth und Prudence gegen das Vorhaben ihres Vaters, die Zügel auf alle Zeiten Lachlan in die Hand zu geben – in einem Prozess, der sogar das Melodram der an die Murdoch-Familie angelehnte HBO-Serie „Succession“ in den Schatten zu stellen verspricht und einige der illustresten Anwälte des englischsprachigen Raums beschäftigt. Darunter sind auf Murdochs Seiten der ehemaligen Justizminister Bill Barr sowie aufseiten der Murdoch-Kinder Adam Streisand, der in Gerichtsprozessen um die Vermögen von Promis wie Michael Jackson, Britney Spears und Hugh Hefner auftrat. Die Verhandlung soll ungeachtet der Eingabe der Medien hinter verschlossenen Türen laufen. „Sämtliche Anhörungen vor Gericht finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt“, heißt es in einem Statement auf der Gerichts-Website.
Der gebürtige Australier Murdoch hatte 1952 mit dem Aufbau seines Imperiums begonnen, als er nach dem Tod seines Vaters Keith die „News of Adelaide“ geerbt hatte, ein Lokalblatt mit einer Auflage von 75.000 Exemplaren. Er kaufte zunächst eine Reihe von Lokalzeitungen, expandierte Ende der Sechziger in den britischen und in den Siebzigern in den amerikanischen Medienmarkt und kaufte 1985 das Filmstudio 20th Century Fox. Im Folgejahr hob er mit Fox einen TV-Kanal aus der Taufe, dessen Nachrichtenkanal Fox News ab 1996 unter der Ägide von Roger Ailes zum konservativen Sprachrohr wurde und die politische Meinungslandschaft Amerikas mit aggressiven Kommentaren und Anbiederung an spalterische konservative Figuren wie Newt Gingrich und schließlich Donald Trump nachhaltig formte. 2007 erwarb Murdoch mit Dow Jones die Mutterfirma des „Wall Street Journals“; Fox News wurde mit immensem Quotenerfolg zum Stichwortgeber und Verbreiter der Verschwörungstheorien der ultrakonservativen Maga-Republikaner unter Trump. Im vergangenen Jahr räumte Murdoch im Rahmen einer Verleumdungsklage, die Fox News 787,5 Millionen Dollar kostete, vor Gericht ein, dass seine Fox-News-Kommentatoren das Publikum mit Trumps Lüge, die Wahl 2020 sei ihm gestohlen worden, wissentlich in die Irre führten, um keine Zuschauer an radikalere Kanäle zu verlieren. Schaden nahm der Sender darüber nicht – man verschwieg den Zuschauern das Eingeständnis.
Dass Murdoch seine vor 25 Jahren konstruierte Familienstiftung umbauen und seinen Sohn Lachlan auch als ideologischen Alleinerben einsetzen will, nimmt kaum Wunder. Vor Gericht in Nevada muss Rupert Murdoch allerdings darlegen, dass sein Plan zum Wohle aller seiner Erben ist. Das informationelle Gemeinwohl steht in Reno nicht zur Verhandlung.
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