Wie nach den Schüssen in Pennsylvania griff Präsident Joe Biden auch nach dem vereitelten Attentat in Florida zum Hörer und rief seinen Vorgänger Donald Trump an. Das Weiße Haus teilte am Montag mit, es sei ein freundliches Gespräch gewesen, in dem Biden sich erleichtert gezeigt habe, dass es Trump gut gehe. Der frühere Präsident sagte, es sei ein „sehr netter Anruf“ gewesen, in dem man über den Schutz durch den Secret Service gesprochen habe.
Kein Wort zu den Vorwürfen, die Trump kurz zuvor gemacht hatte. Biden hatte öffentlich noch einmal bekräftigt, dass Gewalt nichts in der amerikanischen Politik zu suchen habe und gemahnt, man dürfe diese niemals befeuern. Das konnte man als indirekte Reaktion auf eine Interviewäußerung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten verstehen. In einem Interview mit „Fox News Digital“ hatte dieser gesagt, der Tatverdächtige habe „die Rhetorik von Biden und (Kamala) Harris geglaubt“. Später äußerte er noch: Wegen der Rhetorik der „linken Kommunisten fliegen Kugeln“. Auch sagte Trump eine Zunahme politischer Gewalt voraus: Es werde nur noch schlimmer.
Trumps Strategiewechsel
Der Vorwurf ist nicht ganz neu. Schon in der Fernsehdebatte mit der Präsidentschaftskandidatin der Demokraten hatte Trump mit Blick auf das Attentat im Juli gesagt, er habe wahrscheinlich wegen der Dinge, welche die Demokraten über ihn sagten, eine Kugel abbekommen. Das FBI hat sich noch nicht zu den Tatmotiven geäußert – weder mit Blick auf Pennsylvania noch auf Florida. In beiden Fällen wird noch ermittelt. Im Falle des Mannes, der am Sonntag festgenommen wurde, ist allerdings bekannt, dass er ein erklärter Trump-Gegner ist und vor Monaten in den sozialen Medien schrieb, die Demokratie stehe zur Wahl, eine Formulierung, die Biden und Harris selbst häufig gewählt haben.
Unmittelbar nach den Schüssen in Pennsylvania hatte Trump zunächst darauf verzichtet, das Attentat für seinen Wahlkampf zu nutzen. Dass er nun, da er seit dem Kandidatenwechsel bei den Demokraten in der Defensive ist, genau dazu bereit ist, ließ sich auch den Worten J.D. Vances, seines Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, entnehmen: Die Demokraten müssten „aufhören mit dem Scheiß“ und die Rhetorik herunterfahren, sagte er bei einem Wahlkampfauftritt in Atlanta. Der große Unterschied zwischen Konservativen und Linken sei, dass in den vergangenen Monaten niemand versucht habe, Harris zu töten. Das sei ein Beweis dafür, dass die Linken ihren Ton dämpfen müssten. Sonst werde jemand verletzt – und das werde das Land zerstören. Die „lächerliche und aufrührerische“ politische Rhetorik müsse verringert werden.
Die Demokraten befinden sich in einem Dilemma: Wie geht man um mit einem Kandidaten, dem sie vorwerfen, für die Erstürmung des Kapitols verantwortlich zu sein, der das Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 zu seinen Gunsten kippen wollte und bis heute nicht anerkennt, dass Biden gewonnen hat? Dürfen sie einen Kandidaten eine Gefahr für die Demokratie nennen, der aufgrund der Strafverfolgung gegen ihn ankündigt, sich im Falle seiner Wahl zu rächen, der die Bundesverwaltung von vermeintlichen Agenten des „tiefen Staates“ säubern will und mit Blick auf seine politischen Gegner ankündigt, „das Ungeziefer auszurotten“?
Für die Demokraten ist klar, dass es Trump ist, der eine aufrührerische Sprache benutzt. Dass ihre Vorwürfe von Extremisten oder psychisch Gestörten aber als Aufforderung verstanden werden könnten, Amerika vor der Gefahr einer Tyrannei zu retten, müssen auch sie als gefährlich betrachten. Als im Juli der am Ohr verletzte Trump blutend von der Bühne geführt wurde und seinen Anhängern auf der Kundgebung in Butler noch mehrmals „kämpft, kämpft“ zurief, gab es kurzzeitig die Sorge, es stehe dem Land eine Gewaltwelle bevor.
Es folgten dann aber Aufrufe zur Besonnenheit von Republikanern – Trump eingeschlossen – und von Demokraten. Derzeit scheint es Harris‘ Strategie zu sein, nicht auf die Vorwürfe Trumps und Vances einzugehen. Schon bevor die beiden diese am Montag erhoben, hatte die Vizepräsidentin geäußert, sie verurteile politische Gewalt. Sie fügte hinzu: „Wir alle müssen unseren Beitrag dazu leisten, sicherzustellen, dass der Vorfall nicht zu mehr Gewalt führt.“
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