„Die Sicherheitslage ist insgesamt angespannt“: Das hat der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) am Montag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts gesagt. Die Gefährdung durch terroristische Gruppierungen wie den „Islamischen Staat“ sei „weiterhin abstrakt hoch“.
Genauso groß sei aber gleichzeitig die Gefahr für die Demokratie durch den Rechtsextremismus. Das Land werde gleichzeitig von links und von rechts sowie von außen und von innen bedroht. Nach Posecks Angaben wurden im vergangenen Jahr 146 islamistische Straftaten begangen, viermal so viele wie 2022.
Die Bekämpfung derjenigen, die die verfassungsmäßige Ordnung durch ein Kalifat ersetzen wollten, sei ein Schwerpunkt der hessischen Sicherheitsbehörden, so der Innenminister. Ein deutliches Signal seien die Verbote des Islamischen Zentrums Hamburg und des Zentrums der Islamischen Kultur in Frankfurt gewesen.
Gefahr vor islamistischer Terrorismus
Wie groß die vom Terrorismus ausgehende Gefahr sei, habe der Anschlag in Solingen gezeigt. Die hessischen Sicherheitsbehörden hätten kurzfristig reagiert und vor allem bei Veranstaltungen und Festen sichtbar mehr Beamte eingesetzt. Bei der erhöhten Präsenz werde es bleiben, kündigte Poseck an.
Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten sei im vergangenen Jahr um 394 auf 1445 Delikte angestiegen, konstatierte der Innenminister. „Das sind 37 Prozent mehr, es bedeutet einen Höchststand im Zehnjahresvergleich.“ Jeder zweite Rechtsextremist in Hessen sei gewaltorientiert.
Auf die Herausforderungen aus den unterschiedlichen Richtungen müsse der Rechtsstaat umfassend antworten. „Wir müssen Radikalisierungstendenzen, insbesondere von potentiellen Einzeltätern, noch stärker in den Blick nehmen“, so Poseck. Dabei spielten das Internet und die Kommunikation in Chatgruppen eine immer größere Rolle. Um Terrorismus effektiv zu bekämpfen und Anschläge zu verhindern, brauchten die Sicherheitsbehörden mehr und modernere Befugnisse, etwa zur Speicherung von IP-Adressen.
Gewalt- und Umsturzphantasien in der Neonaziszene
Die Verschärfung des Waffenrechts, eine deutliche Begrenzung der irregulären Migration und die konsequente Abschiebung ausländischer Straftäter seien weitere Bausteine, um die Sicherheit zu erhöhen. Zudem müssten die inländischen Nachrichtendienste gestärkt werden. Sie müssten ihre Abhängigkeit von ausländischen Informationen verringern und die Möglichkeiten, an eigene Erkenntnisse zu gelangen, ausweiten, so der Innenminister.
Der Bund müsse klare Rechtsgrundlagen für nachrichtendienstliches Handeln schaffen, beispielsweise indem er Befugnisse der Verfassungsschutzbehörden ausweite, forderte Poseck. Nötig sei ein „Gesamtpaket für mehr Sicherheit“. Die Bundesregierung sei am Zug.
„Besonders gefährlich wird es, wenn Reichsbürger Waffen besitzen“
Die Reichsbürgerszene ist nach den Angaben des Verfassungsschutzpräsidenten im vergangenen Jahr um weitere 100 Personen auf 1200 Anhänger gewachsen. Das Spektrum reiche von Verschwörungsgläubigen bis hin zu hochgefährlichen und waffenaffinen Extremisten. Sie radikalisierten sich zum Teil im Verborgenen und stellten eine ernsthafte Bedrohung der verfassungsmäßigen Ordnung und ihrer Repräsentanten dar. „Besonders gefährlich wird es, wenn Reichsbürger Waffen besitzen“, so Neumann.
Bei der Spionageabwehr sei seine Behörde „so stark gefordert wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr“. Seit dem Beginn des Angriffs auf die Ukraine stünden die russischen Geheimdienste unter hohem Erfolgsdruck, kriegsrelevante Informationen zu liefern. Auch mit russischer Sabotage, etwa in der Verkehrsinfrastruktur, und der Ausspähung von Gegnern der russischen Führung müsse jederzeit gerechnet werden. Festzustellen sei daneben eine massive Verbreitung prorussischer Propaganda und Desinformation mit dem Ziel, das eigene kriegerische Handeln zu legitimieren. Darum habe der hessische Verfassungsschutz seine Spionageabwehr intensiviert und auf die genannten Herausforderungen eingestellt, sagte Neumann.
Die Zahl antisemitischer Straftaten stieg nach den Angaben des Verfassungsschutzes im vergangenen Jahr vor allem nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 in Hessen um 224 Prozent auf 347 an. Bei Versammlungen werde das Existenzrechts Israels geleugnet und letztlich zur Zerstörung des Staates Israel aufgerufen, so Poseck. Derartige Äußerungen müssten unter Strafe gestellt werden. Dies erleichtere es den Behörden, rechtssichere Verbote von Versammlungen auszusprechen.
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