Uchnaagiin Chürelsüc empfing Wladimir Putin mit einem Spalier der Ehrengarde und Reitern in traditioneller Uniform. Der mongolische Präsident zelebrierte den Besuch seines russischen Gegenübers, als sei kein Krieg in der Ukraine, als würde Putin nicht vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht.
Offizieller Anlass des Besuchs war der 85. Jahrestag des Sieges der sowjetischen und mongolischen Truppen über Japan 1939 im Osten der heutigen Mongolei. Schon zum runden Jubiläum vor fünf Jahren war Putin in die Mongolei gereist. Doch ist es jetzt gleichzeitig die erste Reise des russischen Machthabers in einen Staat, der das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs unterzeichnet hat, seit das Gericht vergangenes Jahr einen Haftbefehl gegen Putin erlassen hat.
„Aber das hier ist Realpolitik“
Bislang hat Putin Reisen in ICC-Vertragsstaaten vermieden, zum Brics-Gipfel nach Südafrika etwa flog er letztes Jahr nicht. Doch in der Mongolei kann er sich sicher fühlen und den Trip auch dazu nutzen, seinen internationalen Paria-Status zu konterkarieren. Wohl vergeblich forderte das ukrainische Außenministerium die Mongolei auf, Putin zu verhaften und ihn der Staatsanwaltschaft des Strafgerichtshofs nach Den Haag zu überstellen.
Zu einer Festnahme jedenfalls wird es nicht kommen, sollen mongolische Vertreter hinter den Kulissen schon klargestellt haben. Zumal die Mongolei nicht nur komplett eingeschlossen wird von Russland und China, sondern auch 98 Prozent seiner Erdölimporte aus Russland bezieht. Entsprechend stark sind Putins Druckmittel. Zudem war es in der Mongolei im vergangenen Winter zu Energieengpässen gekommen, über deren Ursache es verschiedene Erklärungen gibt.
Im vergangenen Jahr hatte Russland zwischen September und November die Ausfuhr von Benzin begrenzt, auch um die Preise stabil zu halten. Weitere Ausfuhrbeschränkungen hatte Moskau diesen Februar verkündet, die Mongolei sowie andere Staaten jedoch ausdrücklich ausgenommen und dieses Druckmittel dadurch noch einmal klar präsentiert. So sagte Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow vor der Reise Putins am Freitag auch mit Blick auf den Internationalen Strafgerichtshof: „Es gibt keine Sorgen, wir haben einen großartigen Dialog mit unseren Freunden aus der Mongolei“.
Schon die geografische Lage mache eine mögliche Festnahme kaum möglich, da eine Abschiebung Putins nach Den Haag über entweder russischen oder chinesischen Luftraum erfolgen müsste, sagt Viktor Frank von der Adenauer-Stiftung in Ulan-Bator. „Die Mongolei bemüht sich, ihre internationalen Verpflichtungen einzuhalten, aber das ist hier Realpolitik.“ Oberste Priorität habe für Ulan-Bator, die eigene Souveränität und Unabhängigkeit zu wahren, so Viktor Frank. „Man kann es sich hier schlicht nicht leisten, Putin festzunehmen.“ Frank erinnert daran, dass die Zeiten, als die Mongolei das Rom-Statut des Gerichtshofs 2002 ratifiziert hatte, noch ganz andere gewesen seien und Putin etwa auch noch im Bundestag sprechen konnte.
Seit langem schon folgt Ulan-Bator einer Politik guter nachbarschaftlicher Beziehungen zu Russland sowie China, aber auch zu westlichen Staaten, insbesondere auch Südkorea und Japan. Fast sämtliche der mongolischen Exporte wiederum gehen in die Volksrepublik, insbesondere Kohle, Tendenz steigend.
Der Putin-Besuch wiederum zeitigte jenseits der für den russischen Präsidenten wichtigen Symbolik zunächst keine konkreten neuen Abkommen. Die von Moskau gewünschte Gas-Pipeline Power of Siberia 2, die von Russland durch die Mongolei nach China führen soll, wird von Peking blockiert. Die Volksrepublik will ihre Energieabhängigkeit von Russland nicht erhöhen. In einem Interview mit der mongolischen Zeitung „Unuudur“ erinnerte Putin daran, dass die Mongolei nicht nur von der Durchleitung des Erdgases nach China profitieren könne, sondern „billiges Gas, das durch die Pipeline kommt, für die Entwicklung des Landes zu nutzen“. Tatsächlich aber ist im mongolischen Haushalt für die kommenden vier Jahre kein Geld für diese Pipeline vorgesehen.
Erwartet wird, dass die Präsidenten Putin und Chürelsüc eine Absichtserklärung über die Modernisierung eines mongolischen Kohlekraftwerks sowjetischer Bauart unterzeichnen werden. Die Vergabe zweier neuer Kraftwerksblöcke soll ohne Ausschreibung erfolgen. Das ist nach mongolischem Recht dann möglich, wenn es um Angelegenheiten der nationalen Sicherheit geht.
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