Von besonderem Feinsinn ist das Komödiantentum von Luke Mockridge seit jeher weit entfernt. Wenn er auf die Bühne stürmt, ist das so ähnlich wie bei Oliver Pocher – zum Schenkelklopfen, vorausgesetzt, man hat genug Promille intus und legt keinen Wert auf die Unterscheidung zwischen Humor und Häme, kennt nicht den Unterschied zwischen Ironie und der Veralberung anderer, die schnell ins Verächtliche abgleitet.
„Die wirft man in ein Becken“
Hört man sich an, was Luke Mockridge über die Paralympics und die dort um Medaillen kämpfenden Sportler zu sagen hatte, kann man die Kritik, die der Comedian damit auf sich zog, leicht nachvollziehen. „Abgefahren: Der Erste, der ein anderes Land angerufen hat und gesagt hat: ‚Ey, Du kennst doch die Olympischen Spiele. Ich habe eine ähnliche Idee. Ihr habt doch auch Behinderte in eurem Land. Sollen wir mal schauen, wer Schnellere hat?’“, sagte er. Und blödelte weiter: „Es gibt Menschen ohne Beine und Arme, die wirft man in ein Becken – und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen.“
Wobei man sich die Szene schon genau ansehen muss. Denn Mockridge ließ sich die Äußerung von den „Hosts“ des Podcasts „Die Deutschen“, Nizar Akremi und Shayan Garcia, im Dialog gewissermaßen entlocken. Die beiden brüllquatschen ihre Gäste gern in Grenzbereiche. Das Ergebnis kann dann so ausfallen wie bei Luke Mockridge – ein vermeintlicher Gag, den man sich im Nachhinein vielleicht lieber verkniffen hätte oder für den man sich entschuldigt, was in Mockridges Fall allerdings ziemlich aufgesetzt wirkt.
„Das geht auf meinen Deckel“
Die „Jokes“ habe er, schrieb er auf Instagram, gemeinsam mit einem paralympischen Sportler und Comedian entwickelt, um herauszustellen, dass Mitleid die schlimmste Form der Ausgrenzung sein könne. „Selbstverständlich“ sei es „nie“ seine Absicht gewesen, „Menschen mit Behinderung ins Lächerliche zu ziehen – besonders während dieser großartigen Paralympischen Spiele“. Schwarzen Humor habe er bei behinderten Menschen immer wieder erlebt. „Dass es mir nicht gelungen ist, das richtig zu vermitteln, und dass ich Menschen verletzt habe, tut mir wirklich leid. Comedy und Sport sollen Spaß machen – immer. Heute hat das nicht geklappt, und das geht auf meinen Deckel.“
Dass es einen wirkungstechnischen Unterschied macht, ob ein paralympischer Sportler Witze über sich selbst und den Wettstreit macht oder Luke Mockridge in einem Johl-Podcast, müsste sich Mockridge vielleicht bei Gelegenheit auch einmal auf den Deckel schreiben. Die Einladung des Behindertensportverbands, sich eine Para-Sportveranstaltung live anzusehen, hat er gleich angenommen. Der Sender Sat.1 indes hat die mit Mockridge geplante Show „‚Was ist in der Box?“, die am Donnerstag starten sollte, erst einmal auf Eis gelegt. Mockridges Einlassung passe nicht zu den Werten von Pro Sieben Sat.1, sagte der Sprecher der Sendergruppe, Christoph Körfer.
Mockridges Podcast-Gastgeber dürfte das wohl wenig beeindrucken. Wer bei „Die Deutschen“ reinhört, bekommt die volle Packung Anti-Political-Correctness verpasst, Witze über alles und jeden, sämtliche Minderheiten eingeschlossen. Das hat den Comedian Nizar Akremi vor zwei Jahren die Zusammenarbeit mit dem Hessischen Rundfunk gekostet. In seinem Comedy-Programm „Shitstorm“ hatte er nämlich unter anderem von seiner Einladung in ein jüdisches Restaurant in Frankfurt erzählt und dabei sämtliche Klischees über Juden abgerufen, die man sich vorstellen kann – von der Hakennase bis zur Geldgier und der vermeintlichen Instrumentalisierung des Holocausts. Die „Jüdische Allgemeine“ bot die Zitate auf, der „Shitstorm“, von dem Nizar Akremis Programm handelt, war da. Den allerdings hatte er von Beginn an eingepreist und seine Gags selbst eingeordnet: „Wenn man sich über jemanden lustig macht oder bestimmte Themen anspricht, dann hasst man diese Person nicht“, sagte der gebürtige Bonner Nizar Akremi. Und es gehe auch nicht „darum, irgendjemanden fertig zu machen. Es geht um Spaß.“
Den, möchte man hinzufügen, müssen aber auch die Betroffenen verstehen können, und da kommt es sehr auf die Form und das Rollenverständnis an. Vermeintliche Witzigkeit hat ihre Grenzen. Wie sagte der Paralympics-Goldmedaillengewinner im Weitsprung, Markus Rehm, zu Luke Mockridges Podcast-Ausritt? „Sobald es menschenverachtend wird, und das war es meiner Meinung nach, dann ist es einfach nicht mehr lustig.“
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