Mit einem Ehren-Löwen ist die Karriere längst nicht beendet, das beweist Pedro Almodóvar. Den Preis für sein Lebenswerk hatte der spanische Regisseur bereits vor fünf Jahren in Venedig erhalten. Nun zeichnete ihn am Samstagabend die Jury des Filmfestivals unter Vorsitz von Isabelle Huppert auch mit dem Hauptpreis, dem Goldenen Löwen für den besten Film, aus. Sichtlich gerührt sagte Almodóvar: „Mein Film ist auf Englisch, aber sein Geist ist Spanisch.“
In dem Drama „The Room Next Door“ spielt Tilda Swinton eine Kriegsreporterin, die ihrer Krebserkrankung selbstbestimmt ein Ende setzen will. Julianne Moore gibt ihre Freundin, die bei den Vorbereitungen hilft. Almodóvar erzählt in seinem ersten englischsprachigen Film diese Geschichte in seinen satten Farben, unterstreicht mit Kleidung und Ausstattung die Entwicklung der Charaktere und lässt die beiden Frauen ganz beiläufig große philosophische und moralische Fragen diskutieren.
Der Siegerfilm basiert auf der Romanvorlage „Was fehlt Dir“ von Sigrid Nunez – ein Trend, der sich in der Hälfte der Wettbewerbsfilme wiederfand. Von den einundzwanzig Werken, die in Konkurrenz antraten, waren zehn Adaptionen von Fiktion oder Sachbüchern. Den Preis für das beste Drehbuch erhielten Murilo Hauser und Heitor Lorega für „I’m still here“, das auf den gleichnamigen Memoiren von Marcelo Rubens Paiva basiert. Aus der Vorlage fertigten Hauser und Lorega ein Drama, das langsam, aber dafür umso eindrücklicher den Kampf einer Frau zeigt, die während der brasilianischen Militärdiktatur in den Siebzigerjahren politisch aktiv werden und zugleich ihre Familie vor dem Zerbrechen bewahren muss.
Nicole Kidman als beste Darstellerin ausgezeichnet
Hauptdarstellerin Fernanda Torres hätte man den Coppa Volpi als beste Darstellerin ebenso gegönnt wie vielen Konkurrentinnen in diesem an vielschichtigen Frauenrollen so starken Jahrgang. Gewonnen hat ihn die Australierin Nicole Kidman für ihre Darstellung im Erotikthriller „Babygirl“, in dem sie sich so verletzlich zeigte wie noch nie. Stellvertretend nahm ihre Regisseurin Halina Reijn den Preis entgegen und verlas auf der Bühne ein Statement von Kidman, in dem sie sich für ihre Abreise entschuldigte, da sie die Nachricht vom Tod ihrer Mutter erhalten hatte. „Wir sind mit dir, Nicole“, versicherte Reijn.
Dass Talente nicht vom Himmel fallen, sondern ein Filmfestival sie auch fördern kann und muss, zeigt der Preis für die beste Regie, der an den Amerikaner Brady Corbet ging. Corbet, der seine Karriere als Schauspieler begann, zeigte 2015 sein Regiedebüt „The Childhood of a Leader“ am Lido in der Nebenreihe Orizzonti.
Nun kehrte er zum Festival mit einem Wagnis zurück: „The Brutalist“ erzählt die Geschichte eines fiktiven Architekten, der den Holocaust überlebt und in Amerika ein neues Leben beginnt. Darin spannt Corbet den Bogen von der Ankunft in New York bis zum Karriereende seiner Hauptfigur, schafft Bilder von fast schon haptischer Intensität (gedreht im breiten Vistavision-Format), wenn die Kamera Marmor- und Betonstrukturen abfährt, und lässt sich für all das sehr viel Zeit: Mit 215 Minuten war es der längste Film im Wettbewerb. Die Jury honorierte die künstlerische Vision mit dem Silbernen Löwen für die beste Regie und Corbet bedankte sich bei Festivaldirektor Alberto Barbera für die Förderung über all die Jahre.
Isabelle Huppert hatte ihre Löwenvergabe mit den Worten eröffnet: „Ich habe gute Nachrichten, dem Kino geht es sehr gut.“ Der diesjährige Wettbewerb in Venedig stellte das mit seiner Qualität unter Beweis.
The winners at a glance
Goldener Löwe für den besten Film: „The Room Next Door“ von Pedro Almodóvar
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Großer Preis der Jury: „Vermiglio“ von Maura Delpero
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Silberner Löwe für die beste Regie: „The Brutalist“ von Brady Corbet
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Spezialpreis der Jury: Dea Kulumbegashvili für „April“
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Preis für das beste Drehbuch: Murilo Hauser und Heitor Lorega für „Ainda estou aqui“ (internationaler Titel: „I’m Still Here“)
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Preis für die beste Schauspielerin: Nicole Kidman für „Babygirl“
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Preis für den besten Schauspieler: Vincent Lindon für „Jouer avec le feu“
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Marcello-Mastroianni-Preis für den besten Jungdarsteller: Paul Kircher für „Leurs enfants après eux“
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