Wenn Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) über Partnerschaftsgewalt sprechen, verwenden sie pauschal den Begriff des „Femizids“. Er beschreibt die Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts. Frauen sind von tödlicher Partnerschaftsgewalt in besonderer Weise betroffen: Im Jahr 2023 zählte das Bundeskriminalamt 179 Todesopfer, die aufgrund einer Tat des Partners oder Ex-Partners ums Leben kamen. Mehr als achtzig Prozent dieser Opfer waren weiblich. Es ist gut, dass die Bundesregierung diesem Problem ihre Aufmerksamkeit widmet.
Fraglich ist allerdings eine Interpretation, wonach jede Frau, die durch ihren Partner oder Ex-Partner umgebracht wird, aufgrund ihres Geschlechts getötet wird. Genau das legen die Ministerinnen nahe, wenn sie Partnerschaftstötungen mit weiblichem Opfer pauschal als Femizide bezeichnen. Zu viele Männer mögen patriarchalen Denkmustern folgen. Manche glauben, eine Frau zu „besitzen“. Das widerspricht dem Menschenbild des Grundgesetzes. Das Recht, seinen Partner frei wählen zu können, ist Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es steht Frauen und Männern gleichermaßen zu.
Nicht automatisch Mord
Ist patriarchalisches Besitzdenken ein Tötungsmotiv, kann es sich um einen Femizid handeln. Wer aber jede Partnerschaftstötung mit weiblichem Opfer so deklariert, verkennt die oftmals vielschichtige Motivlage von Beziehungstaten. Anders als gelegentlich behauptet, ist es keine Verharmlosung, wenn „nur“ von Beziehungstat die Rede ist. Es handelt sich um einen plausiblen Oberbegriff, der seine Berechtigung hat.
Juristisch ist die Einordnung von Partnerschaftstötungen ohnehin komplex: Der Bundesgerichtshof stuft sie nicht automatisch als Mord ein. Manchmal werden die Täter lediglich wegen Totschlags verurteilt. Dafür gibt es gute Gründe: Damit eine Tötung zum Mord wird, muss ein Mordmerkmal des Strafgesetzbuchs vorliegen. Ein Mordmerkmal können niedrige Beweggründe des Täters sein. Sie liegen vor, wenn sein Handeln nach allgemein sittlicher Anschauung auf tiefster Stufe steht und deshalb besonders verwerflich ist. Diese Definition lässt Nicht-Juristen nicht nur im Falle von Partnerschaftsgewalt ratlos zurück: Ist nicht fast jede Tötung besonders verwerflich?
Moralisch mag das so sein. Juristisch ist es aber sinnvoll, Totschlag und Mord sorgfältig zu unterscheiden. Ob Richter niedrige Beweggründe bejahen, hängt von einer umfassenden Gesamtwürdigung des Tatgeschehens ab. Dabei müssen sie die Umstände der Tat, ihre Vorgeschichte, die Täterpersönlichkeit, seine Lebensverhältnisse und seine Beziehung zum Opfer umfassend untersuchen. Das sollte auch weiterhin gelten, wenn ein Femizid in Rede steht. Einen Sonderstraftatbestand des Femizids braucht es nicht, um Partnerschaftsgewalt effektiv zu ahnden. Er wäre zudem verfassungsrechtlich zweifelhaft, da er weibliche Todesopfer gegenüber männlichen privilegieren würde.
Was hilft wirklich?
Um Frauen dennoch besser vor tödlicher Partnerschaftsgewalt zu schützen, sollte der Gesetzgeber an anderer Stelle ansetzen: Der Mordparagraph sollte so ergänzt werden, dass auch das Töten unter Ausnutzung der körperlichen Überlegenheit des Täters als Mord bestraft wird. Männer sind Frauen oft körperlich überlegen. Nutzen sie dies zum Töten, werden sie bislang lediglich wegen Totschlags bestraft. Frauen, die – auch wegen ihrer körperlichen Unterlegenheit – einen Mann im Schlaf umbringen, gelten hingegen wegen Heimtücke als Mörderinnen. Das ist ein Wertungswiderspruch, den der Gesetzgeber auflösen sollte.
Die Union hat kürzlich einen Antrag für eine entsprechende Ergänzung des Mordtatbestands in den Bundestag eingebracht. Nach der Sommerpause wird er im Rechtsausschuss behandelt. Die Ampel täte gut daran, dem Vorschlag zuzustimmen. Bislang sieht es leider nicht danach aus: In der ersten Lesung des Gesetzentwurfs führten ihre Parlamentarier allerlei Vorbehalte ins Feld. So argumentierte die FDP, Beziehungstaten ließen sich kaum durch eine höhere Strafandrohung vermeiden. Das ist wohl richtig. Die Änderung der Norm wäre dennoch ein Beitrag zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.
Die Abgeordneten von SPD und Grünen verwendeten den Femizidbegriff dagegen ähnlich undifferenziert wie Faeser und Paus. Das war auch deshalb verfehlt, da von einem Mordmerkmal der Ausnutzung körperlicher Überlegenheit nicht nur Frauen, sondern auch Säuglinge und Senioren profitieren würden. Die Bundestagsdebatte war teils von einem identitätspolitischen Duktus geprägt, der schlicht überflüssig ist. Um Frauen besser zu schützen, hilft ein sachlicher Ton – und ein sorgsamer Umgang mit Begriffen.
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