Russland will in die Köpfe der jungen Amerikaner – und im Internet soll das so einfach sein wie nie. Ob zu Hause, beim Gewichtheben oder in der Bar, die Generation Z redet immer und überall, auch über Politik, und gerne auf Videos bei Tiktok. Das amerikanische Justizministerium hat nun eine Firma ins Visier genommen, die wohl genau das verkaufte: Einfluss auf junge Wähler qua Reichweite. Die Bundesstaatsanwaltschaft klagte diese Woche zunächst zwei Angestellte der Videoplattform Russia Today an. Sie sollen dafür gesorgt haben, dass einige junge Influencer Geld erhielten. Eine Firma in Tennessee, die in der Klageschrift nicht benannt wird, soll dafür zehn Millionen Dollar bekommen haben.
Vermutet wird nun, dass es sich um Tenet Media handelt, ein Unternehmen, das etliche Influencer vertritt. Darunter sind viele Rechte, die Trump-freundlichen Content über ihre Plattformen verbreiten. Lauren Southern und Lauren Chen zum Beispiel wurden durch ihre rechten „Trad Wife“-Accounts immer bekannter, bis sie Hunderttausende Follower hatten. Chen, die aus Kanada stammt, gründete Tenet. Southern postet über viele Themen der extremen Rechten, wie zum Beispiel die Behauptung, Weiße würden im Zuge der Einwanderung durch andere Menschen ersetzt. Die Influencerin ist auch mit Brittany Sellner befreundet, der Frau des österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner. Southern verpackt die rechten Appelle in gefällige Videos, Tausende rechte Frauen folgen ihr.
Videos für Trump
Die Influencer seien von der nicht benannten Firma mit Hunderttausenden Dollar dafür bezahlt worden, dass sie Videos gegen Einwanderer und für Trump machten, so die New Yorker Anklage. Sie sollen nichts von den Verbindungen nach Russland gewusst haben, hieß es. Manchen sei etwas von einem reichen Gönner erzählt worden. Sie hätten sich nicht weiter Gedanken über den Ursprung des Geldes gemacht, gingen wohl einfach davon aus, gute Arbeit zu machen. Das Ziel sei immer Reichweite gewesen: von ein paar Tausend Followern in die Hunderttausende zu kommen.
Influencer sind im laufenden Wahlkampf wichtig wie nie. Republikaner wie Demokraten luden unlängst einige von ihnen auf ihre Parteitage ein. Aber auch bei reichweitenstarken Accounts gibt es keine Garantie, dass irgendeine Botschaft haften bleibt. Und vor allem gibt es bisher keinen Weg, die finanziellen Verhältnisse von Influencern öffentlich transparent zu machen, geschweige denn, zu regulieren.
Vorhandene Konflikte schüren
Russland hatte bereits im Wahlkampf 2016 versucht, auf das Wahlverhalten der Amerikaner Einfluss zu nehmen. Dabei ging es offenbar darum, bereits vorhandene Konfliktlinien so zu verschärfen, dass das politische Klima sich zuspitzen ließ. Unruhige Verhältnisse in Amerika sind nach Ansicht vieler Experten im Interesse von Russland. Nicht nur schwächen sie in der russischen Interpretation die amerikanische Nation als solche, sie sind auch günstig für rechte Kandidaten wie Donald Trump. Nach dessen Wahlsieg stellte sich beispielsweise heraus, dass Russland hinter gefälschten Accounts vermeintlicher schwarzer Amerikanern steckte, die die Unzufriedenheit mit den rassistischen Verhältnissen bekräftigen sollten. Hillary Clinton diffamierten diese Accounts als jemanden, der ohnehin nichts für Schwarze tue. Tatsächlich lag die Wahlbeteiligung Schwarzer 2016 dann hinter der früherer Wahlen zurück.
Auch bei den aktuellen Protesten gegen Israels Krieg in Gaza ist zu beobachten, dass die extremsten antisemitischen Äußerungen der letzten Monate oft von bekannten New Yorker Aktivisten wie Brian Becker, Eugene Puryear oder Rania Khalek kamen, die zuvor bei Russia Today oder Sputnik News gearbeitet hatten. Immer wieder gibt es Gerüchte, dass bestimmte linke Organisationen Geld aus Russland erhalten. Ebenfalls in dieser Woche schalteten die amerikanischen Behörden mehr als dreißig von Russen betriebene Websites ab, die Wahlkampfbeeinflussung versucht haben sollen. Welchen Effekt das russische Internet-Störfeuer am Ende hat, dürfte nur schwer messbar sein. Dass offenbar hohe Geldsummen an Influencer flossen, lässt eine Weiterentwicklung der Strategien von 2016 und auch 2020 befürchten. Der Fall aus Tennessee zeigt, dass man dazugelernt hat: Schließlich ist es effektiver, echte Influencer mit echten Fans zu kaufen, statt Bot-Armeen auf „X“ loszulassen.
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