Wie sagte Friedrich Merz? „Der Bundeskanzler lebt in seiner eigenen Welt“, meinte der CDU-Vorsitzende und Chef der Unionsfraktion im Bundestag am Montag in der Sat.1-Sendung „Newstime“. Wenn man will, könnte man den gleich darauffolgenden Auftritt von Olaf Scholz ebendort als Bestätigung sehen.
Das Regieren in der Dreierkoalition von SPD, FDP und Grünen sei zwar „mühselig“, die Kommunikation der Grünen und der FDP sei nicht sehr schlau, aber es komme auf die Ergebnisse an, die nun zu erwarten seien. Mit dem Satz des Grünen-Chefs Omid Nouripour, die Ampel sei eine „Übergangsregierung“, kann Olaf Scholz nichts anfangen. „Jede Regierung ist die Regierung vor der nächsten, und manchmal ist es die gleiche“, sagte er.
Generell gelte für die von ihm geführte Koalition: „Wir haben es geschafft, große Krisen zu bewältigen.“ Doch sei es so, „dass irgendwie der Pulverdampf vom Schlachtfeld gewissermaßen verdeckt, was da real passiert ist“. Wäre er in der Regierung allein zu Hause, wäre alles ganz anders: „Wenn Sie mir das Recht geben würden, alles allein zu entscheiden, würde die Performance sofort anders sein.“
Einfrieren der Ukraine-Hilfen?
Als Beleg für die von ihm behauptete Krisenbewältigungskompetenz führte Scholz an, dass man die Energieversorgung gesichert, die Verteidigungsfähigkeit und die Bundeswehr gestärkt habe und die technische Entwicklung in Deutschland vorantreibe. „Wir haben richtig Tempo hinbekommen bei der Modernisierung unseres Landes.“ Künftig werde Deutschland das Zentrum der Produktion von Halbleitern in Europa sein.
Das von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung aufgedeckte Einfrieren der Hilfen für die Ukraine dementierte Scholz auf die für ihn typische Weise. Die Bundesregierung will – so die F.A.S. – der Ukraine über die bisher bewilligten Mittel hinaus kein zusätzliches Geld geben, für das nächste Jahr sind demnach vier Milliarden Euro eingeplant und schon verplant. Das sei der höchste Betrag aller Länder in Europa, sagte Scholz. In diesem Jahr seien es sieben Milliarden Euro gewesen.
Die Ukraine werde einem Beschluss der G-7-Staaten zufolge einen Kredit von 50 Milliarden Euro erhalten, dessen Zinsen aus Erträgen eingefrorener russischer Staatsvermögen finanziert würden. Damit könne sich die Ukraine dann selbst die richtigen Waffen beschaffen. Die Voraussetzungen für diesen Finanzierungsweg, gilt es an dieser Stelle zu ergänzen, müssen aber erst noch geschaffen werden. Für Scholz ist das keine Frage: „Da ist überhaupt nichts unklar“, sagte er. Das Waffensystem IRIS-T, so Scholz, werde auch geliefert.
Kamala Harris „wäre sicherlich eine sehr gute Präsidentin“
Er finde, und an dieser Stelle drehte Scholz den Stimmregler ein wenig hoch, dies sei „eine sehr ungewöhnliche Debatte“. Seien 50 Milliarden etwas nichts? Und wieso wunderten „sich dann einige, die diese Debatten anzetteln“, warum es dann „einige Leute gibt, die nicht verstehen, wie das überhaupt mit unserer Ukrainehilfe ist?“
Auf eine Empfehlung zur Präsidentschaftswahl in den USA wollte sich Scholz derweil nicht einlassen, drückte aber aus, wer seine Favoritin ist. Er kenne Kamala Harris sehr gut, sagte er. Sie sei „eine sehr gute Politikerin, die an dem, was für uns wichtig ist, festhalten wird, mit einer guten Zusammenarbeit über den Atlantik hinweg, zwischen den USA und Europa, zwischen den USA und Deutschland“. Und: „Sie wäre sicherlich eine sehr gute Präsidentin.“
Die Frage nach den miserablen Umfragewerten der SPD im Osten beschied Scholz mit dem Hinweis, dass Dietmar Woidke sicherlich auch der nächste Ministerpräsident von Brandenburg werde. Dann rasselte der Bundeskanzler noch schnell in Wahlkampfmanier die Leistungen seiner Koalition und insbesondere der SPD herunter – stabile Renten, keine Absenkung des Rentenniveaus, „gute Löhne gibt es nur mit uns“, Mindestlohn, Kindergeld angehoben – und fertig war die Viertelstunde mit den Fragestellern Heiko Paluschka und Charlotte Potts bei „Newstime“, mit der Pro Sieben Sat.1 die „Sommerinterviews“ von ARD und ZDF ganz gut kontert.
Und wie die Welt des Olaf Scholz aussieht, wussten wir zwar schon, wissen wir jetzt aber wieder: Die alten Zeiten sind vorbei, aber er hat alles im Griff. Dass er bei der nächsten Bundestagswahl auf Seiten der Union gerne Friedrich Merz als Gegner sähe, wussten wir vorher ebenfalls, aber bei Pro Sieben Sat.1 wiederholte Scholz den Grund – versehen mit dem Seitenhieb, es wäre „kein gutes Zeichen“ für die Union, wenn Merz die Kanzlerkandidatur haben wollte, man sie ihm aber streitig machte – gerne: „Wir wissen, was wir aneinander haben.“
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