Jordan Bardella hatte davon geträumt, französischer Premierminister zu werden. Doch nach dem unerwartet schwachen Ergebnis des Rassemblement National (RN) bei der Parlamentswahl kehrt der Parteivorsitzende nun ins Europäische Parlament zurück. Als Spitzenkandidat hatte der 28 Jahre alte Politiker seine Partei vor vier Wochen bei der Europawahl zur stärksten Kraft gemacht, eine Folge des Verhältniswahlrechts.
Mit dreißig Sitzen stellt der RN die stärkste nationale Delegation im Parlament, CDU/CSU haben zusammen einen Sitz weniger. Rechtsaußen ist die Partei nun die dominierende Kraft. Bisher gehörte sie der Fraktion Identität und Demokratie (ID) an. Doch das änderte sich am Montag.
Denn am Nachmittag konstituierte sich eine neue Rechtsaußen-Fraktion unter dem Namen „Patrioten für Europa“. Die hatten der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, der frühere tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš und der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl gut eine Woche zuvor gegründet. Darin ging nun nahezu die gesamte frühere ID-Fraktion auf, nachdem in den vergangenen Tagen eine Delegation nach der anderen ihren Übertritt verkündet hatte: erst die FPÖ, dann Chega aus Portugal, die niederländische Partei für die Freiheit von Geert Wilders, der Vlaams Belang aus Belgien und die Dänische Volkspartei.
Am Montag gab Orbáns Kommunikationsdirektor Zoltan Kovacs auch noch die Aufnahme der italienische Lega von Matteo Salvini und des RN bekannt. Der wiederum hatte die Partner gebeten, mit der Konstituierung bis nach der zweiten Runde der Wahl in Frankreich zu warten.
Neue Rechtsaußenfraktion könnte drittsträrkste Kraft werden
Bardella hatte schon in seiner Reaktion auf das Wahlergebnis am Sonntagabend angedeutet, dass der RN sich der Fraktion anschließen würde. „Im Europäischen Parlament werden wir endlich Abgeordnete haben, die von morgen an ihre Rolle in einer großen Fraktion voll ausfüllen werden, die bei den Machtverhältnissen in Europa Gewicht hat, und die Migrantenflut, die bestrafende Ökologie und die Konfiszierung unserer Souveränität ablehnt“, sagte er.
Die neue Fraktion kommt nun auf insgesamt 84 Abgeordnete aus 12 Ländern und ist damit drittstärkste Kraft im Europäischen Parlament, vor der nationalkonservativen EKR-Fraktion und den Liberalen. Möglich wurde dies, weil sich auch die spanische Partei Vox der Fraktion anschloss, die bisher zur EKR gehörte.
Bardella wurde in der konstituierenden Sitzung sogleich zum Fraktionsvorsitzenden gewählt, wobei er selbst gar nicht anwesend war. Er gehört dem Parlament seit 2019 an. In Paris war für ihn kein Platz mehr, weil Marine Le Pen die Führung der Fraktion in der Nationalversammlung behält – als Sprungbrett für die Präsidentenwahl 2027.
Die ungarische Fidesz-Partei, die tschechische ANO und die italienische Lega stellen jeweils einen Vizepräsidenten. Der dänische Abgeordnete Anders Vistisen, der die ID in einigen TV-Debatten vor der Europawahl vertreten hatte, wird Fraktionsgeschäftsführer. Insgesamt vereint die Fraktion nun Rechtspopulisten und Rechtsextremisten. Zum rechtsextremistischen, verfassungsfeindlichen Spektrum gehören die FPÖ und der Vlaams Belang.
AfD soll ausgeschlossen bleiben
Vom inhaltlichen Profil würde auch die AfD in diese Gruppe passen. Doch soll sie weiterhin ausgeschlossen bleiben, nachdem sie von der ID kurz vor der Europawahl hinausgeworfen worden war. Die AfD hatte daraufhin versucht, mit ihren 14 Abgeordneten eine eigene Mini-Fraktion „Die Souveränisten“ zu gründen. Doch waren diese Versuche stecken geblieben, weil einige Partner offen antisemitisch sind und den Holocaust leugnen. Das ging selbst der AfD zu weit.
Mit dem Ausscheiden von Vox setzt die von Giorgia Melonis Partei Fratelli d’Italia dominierte EKR-Fraktion ihre Konsolidierung als rechte Kraft im Parlament fort. Die Spanier haben sich seit 2023 zunehmend radikalisiert und an rechtspopulistischen Vorbildern orientiert. Linke Kräfte im Parlament haben eine Zusammenarbeit mit der Fraktion immer wieder ausdrücklich mit Verweis auf Vox ausgeschlossen.
Als „Fremdkörper“ bleiben in der Fraktion nun noch vier Abgeordnete um Marine Maréchal, die Nichte Marine Le Pens. Sie wurden nach der Europawahl als unabhängige Kandidaten aufgenommen, nachdem sie zuvor aus der Partei Reconquête des Rechtsextremisten Eric Zemmour ausgetreten waren.
Ob und wie die Christdemokraten von der EVP mit der EKR zusammenarbeiten, wird sich in der kommenden Woche zeigen, wenn sich das Europäische Parlament in Straßburg konstituiert. Dann wird zuerst das Präsidium gewählt, anschließend stellt sich Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin zur Wiederwahl. Die EKR war bisher mit einem Vizepräsidenten im Parlament vertreten, sie stellte auch einen Ausschussvorsitzenden. Dagegen hielten die anderen Fraktionen die ID-Fraktion hinter einem Cordon Sanitaire. Das wird auch für die neue Fraktion gelten.
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