Plötzlich wird Barack Obama emotional. Der frühere Präsident redet am Donnerstagabend über die Verwüstungen, welche die Hurrikane „Helene“ und „Milton“ angerichtet haben und erwähnt die Katastrophenhilfe der Bundesregierung und der betroffenen Bundesstaaten. Er blickt nun ernst und sagt: Und dann erscheine Donald Trump auf einer Kundgebung und behaupte, die Biden-Regierung vernachlässige bewusst republikanische Landstriche und ziehe Gelder vom Katastrophenschutz ab, um sie illegalen Einwanderern zukommen zu lassen. Alles sei frei erfunden. Selbst örtliche Republikaner hätten gesagt, das sei nicht wahr. Obamas Stimme bricht. Er ist den Tränen nahe und sagt: „Seit wann ist okay, Lügen zu verbreiten.“ Seine Zuhörer klatschen. Obama: „Ich will keinen Applaus.“ Es wird mucksmäuschenstill im Saal.
Der frühere Präsident ist nach Pittsburgh gekommen, um Wahlkampf für Kamala Harris zu machen. Es ist sein erster Auftritt seit seiner Rede auf dem Parteitag der Demokraten in Chicago im August. Weitere Auftritte Obamas, der immer noch das Schwergewicht in seiner Partei ist, sollen folgen.
Sorge um demokratische Hochburgen
Der Auftritt in der alten Stahlmetropole in Pennsylvania kommt zur rechten Zeit. Es sind noch dreieinhalb Wochen bis zur Präsidentenwahl. Und ranghohe Demokraten äußern öffentlich die Sorge, im amerikanischen Rostgürtel müsse mehr getan werden. Der Kern der „blauen Wand“, Pennsylvania, Michigan und Wisconsin, dürfe nicht – wie 2016 – wegbrechen. Damals verlor Hillary Clinton in allen drei Bundesstaaten, die Teil jener „Wand“ von 18 Bundesstaaten waren, die seit 1992 stets das Fundament der Wahlsiege der Demokraten waren.
Obama spricht die Sorgen mit Blick auf Pennsylvania, gleichsam die Mutter aller Swing States, in der 19 Stimmen für das „Electoral College“ vergeben werden, offen an: Die Wahl wird sehr knapp, sagt er. Und er sagt auch, warum das so sei. „Viele Leute müssen sich immer noch abmühen.“ Er will die Regierungsbilanz Joe Bidens nicht schmälern, doch kommt er am Elefanten im Raum nicht vorbei: Ja, die Einkommen seien gestiegen und die Inflation wieder gesunken. Aber: Die Lebenshaltungskosten seien immer noch zu hoch. Und es gebe Leute, die sagten: Damals, unter Trump, sei die Wirtschaftslage gut gewesen. „Ja, ich sage euch, warum die Wirtschaft gut lief, als Trump ins Amt kam. Weil es meine Wirtschaft war.“ Er habe acht Jahre lang das Durcheinander von anderen Republikanern aufräumen müssen. Trump habe nichts getan, außer eine Steuerreform auf den Weg gebracht, welche Besserverdienende entlastet habe. Der Republikaner kümmere sich nicht um die Sorgen der Mittelschicht. Harris hingegen schon. Sie sei eine echte Führungsfigur. Trump selbst sage, er habe nur „Entwürfe für einen Plan“. Harris aber habe einen echten Plan.
Es ist das einzige Mal, dass Obama sich selbst lobt. Auch dreht er in der Rede nicht so auf, wie er es in Chicago getan hatte. Er will Harris helfen. Er möchte sie nicht in den Schatten stellen.
Harris baut auf die Unterstützung Obamas und Clintons
Neben Obama steht Bob Casey, der Senator aus Pennsylvania, der um seine Wiederwahl bangt. Auch für ihn trommelt Obama. Er sei eine ehrliche Haut und ein guter Freund. Pennsylvania müsse ihn wiederwählen und die Mehrheit im Senat sichern. Dann könne der Kongress das durch den Supreme Court abgeschaffte Recht auf Schwangerschaftsabbrüche gesetzlich festschreiben – und Harris werde das Gesetz ausfertigen. So spricht Obama auch die zweite Zielgruppe im Rostgürtel an: Neben der weißen Arbeiterschaft sind die Stimmen der Frauen entscheidend.
Harris baut in der Schlussphase ihrer Kampagne auf die Schützenhilfe Obamas und Bill Clintons, der ebenfalls demnächst Kundgebungen abhalten will. Clinton wird in Georgia und North Carolina erwartet. Wie Obama ist Clinton in der afroamerikanischen Bevölkerung sehr beliebt. Harris‘ Werte insbesondere unter jüngeren schwarzen Männern liegen unter den Werten, die Präsidentschaftskandidaten der Demokraten traditionell erzielen. Parallel dazu werben Republikaner wie Liz Cheney, die mit Trump gebrochen haben, für die Demokratin, um Wechselwähler der Mitte zu mobilisieren.
Die parteiinterne Kritik an Harris‘ Kampagne bezog sich auch auf ihre Scheu, sich den Medien zu stellen. Darauf reagierte die Präsidentschaftskandidatin zuletzt mit einer Offensive, die Fernsehauftritte, Radio- und Podcast-Interviews enthielt. Eine Pressekonferenz, in der Journalisten sie etwa mit Blick auf ihre vage Programmatik grillen könnten, hat sie noch nicht gegeben.
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