Venezuelas Machthaber Nicolás Maduro kann nicht warten. Während sein Regime weiter nicht daran denkt, die Wahlniederlage Ende Juli einzugestehen und willkürlich politische Gegner verhaften lässt. Während weiter der Großteil der Bevölkerung in der Existenzkrise steckt und viele sich überlegen, es ihren Verwandten gleichzutun und das Land zu verlassen, hat Maduro offenbar nur einen Gedanken: Weihnachten. „Es ist September, und es riecht schon nach Weihnachten“, sagte er schon vor einem Monat in seiner wöchentlichen Fernsehsendung und ordnete „als Tribut an Sie alle und aus Dankbarkeit“ eine vorgezogene Weihnachtszeit an, die schon am 1. Oktober begann.
Tatsächlich steht im Zentrum der Hauptstadt Caracas seit Dienstag ein riesiger Weihnachtsbaum. Angestellte des öffentlichen Dienstes sind damit beschäftigt, in verschiedenen Vierteln der Stadt Weihnachtsschmuck zu installieren. Auch Maduro selbst liebt es, dem Volk im Fernsehen und in den digitalen Medien seinen weihnachtlich geschmückten Palast zu präsentieren, in dem schon Monate vor dem frohen Fest leuchtende Elche und Rentiere mit Kutschen das Herz des Autokraten erfreuen und ihn warmherzig ein Weihnachtsfest „mit Frieden, Glück und Sicherheit“ wünschen lässt.
Der Mindestlohn liegt weiterhin bei umgerechnet 3,20 Euro pro Monat
In der Bevölkerung halten sich Vorfreude und Festlaune indes in Grenzen. Gerade die älteren Venezolaner können sich noch an Weihnachten mit prall gefüllten Einkaufstüten und sorglosem Einkaufsbummel erinnern, an üppige Feiertagszuschläge zum Jahresende, die eine besondere Anschaffung oder eine kleine Verbesserung am Haus erlaubten. Diese Zeiten sind für die meisten Venezolaner vorbei.
Keiner weiß, ob und wie die Arbeitgeber in diesem Jahr Bonuszahlungen entrichten werden. Wer keine Arbeit hat, für die er in Dollars bezahlt wird, oder wer kein Geld von seinen Verwandten aus dem Ausland geschickt bekommt, muss auch an Weihnachten schauen, wie er etwas auf den Teller bekommt. Der Mindestlohn hat sich seit 2022 nicht verändert: 130 Bolivar pro Monat, das sind etwa 3,20 Euro. Millionen Personen sind auf Lebensmittelhilfe und andere Sozialleistungen angewiesen.
In den digitalen Medien ist Maduros Weihnachtsdekret zum Witz geworden. Doch auf der Straße hält man sich mit Spott oder Empörung zurück. Seit der Wahl macht das Regime mit einer brutalen Repressionskampagne deutlich, dass es keine Kritiker duldet. Tausende von Menschen, unter ihnen auch Minderjährige, sind seit der Wahl bei Demonstrationen oder bei gezielten Verhaftungsaktionen festgenommen und ins Gefängnis gesteckt worden.
Schon während der Corona-Pandemie setzte Maduro auf die Weihnachtszeit
Maduros oppositioneller Gegenspieler und Wahlsieger Edmundo González ist ins Exil nach Spanien geflüchtet. Der Generalstaatsanwalt hatte gegen ihn nur wenige Stunden vor Maduros Weihnachtsdekret einen Haftbefehl erlassen. Bei der Verfolgung seiner Gegner geht das Regime so weit, dass es eine App für Mobiltelefone, die eigentlich der Meldung von Stromausfällen dient, zur Denunzierung von Kritikern nutzt.
Nicht zum ersten Mal in den elf Jahren an der Macht diktiert Maduro dem Land und seiner Bevölkerung eine vorzeitige Weihnachtszeit. Schon während der Corona-Pandemie hatte er auf das Weihnachtsfest gesetzt, um die Bevölkerung – oder zumindest sich selbst – vom Ernst der Lage abzulenken. Nie leuchteten die Elche und Rentiere im Präsidentenpalast jedoch so früh wie in diesem Jahr. Das sagt einiges aus über die Situation im Land.
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