Der Mindestlohn in Deutschland soll nach Vorstellungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil von 2026 an auf über 15 Euro steigen. Dies ergibt sich aus einem Schreiben des SPD-Politikers an die Mindestlohnkommission.
Darin fordert Heil das Gremium aus Gewerkschaften und Arbeitgebern auf, bei der nächsten Erhöhung der Lohnuntergrenze im Sommer des nächsten Jahres die Vorgabe der Europäischen Mindestlohnrichtlinie umzusetzen. Diese sieht als Mindestlohn 60 Prozent eines mittleren Lohns vor. Das wären nach derzeitigen Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) 15,27 Euro.
In diesem Jahr beträgt der Mindestlohn 12,41 Euro. Im kommenden Jahr steigt die Lohnuntergrenze auf 12,82 Euro. Über die Anhebung nach 2026 muss die Mindestlohnkommission bis Mitte 2025 entscheiden. Dabei ist offen, ob die Kommission der Aufforderung des Ministers folgen wird. Die Kommission hatte sich im Sommer 2023 zerstritten, weil die Arbeitgeber für 2024 und 2025 aus Sicht der Gewerkschaften viel zu geringe Mindestlohnanhebungen durchsetzten.
Arbeitsminister sieht zu niedrige Anpassung
„Die letzte Erhöhung war zu niedrig“, sagte Heil in der ARD. Dies müsse nun geradegezogen werden. 2026 werde der Mindestlohn zwischen 14 und 15 Euro liegen, so der Arbeitsminister. Kritik kam umgehend vom Ampel-Koalitionspartner FDP: „Hände weg von der unabhängigen Mindestlohnkommission! Von Seiten der FDP wird es keine Unterstützung für die Vorschläge von Heil geben“, sagte der mittelstandspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Carl-Julius Cronenberg.
Die Lage der Wirtschaft ist Cronenberg zufolge besorgniserregend, Beschäftigte bangten um ihre Jobs. „Gleichzeitig haben wir bereits heute einen der höchsten Mindestlöhne in Europa.“ Der Arbeitsminister sollte lieber substanzielle Vorschläge für einen Bürokratieabbau machen.
Heil legte zudem fest, dass beim Mindestlohn nach EU-Vorgaben die Löhne von Vollzeitbeschäftigten als Messlatte gelten sollen. „Bei der Ermittlung der 60-Prozent-Medianlohn-Schwelle sind die Lohndaten von Vollzeitbeschäftigten zugrunde zu legen“, heißt es in dem Schreiben.
Kritik des Instituts der deutschen Wirtschaft
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hat den Vorstoß scharf kritisiert. „Die Mindestlohnkommission kann man sich sparen, wenn ständig die Politik von der Seite reingrätscht“, sagte IW-Tarifexperte Hagen Lesch am Montag. „Man pfuscht den Tarifparteien ins Geschäft. Das ist Wahlkampf und Stimmenfang.“
Am Ende könne eine ständige Einmischung der Politik dazu führen, dass in bestimmten Bereichen wie dem Friseurgewerbe oder dem Bäckerhandwerk keine Bereitschaft mehr da sein werde, Tariflöhne zu verhandeln. „Stattdessen gibt es dann eine staatliche Lohnfestsetzung.“ Dann richte sich aber künftig auch die mögliche Kritik an den Löhnen verstärkt an den Staat. „Wollen wir politisierte Löhne?”, sagte Lesch.
Er warnt zudem vor wirtschaftlichen Nebenwirkungen. „Das Umfeld hat sich konjunkturell deutlich eingetrübt“, sagte er angesichts der Dauerflaute von Europas größter Volkswirtschaft. „Der Arbeitsmarkt ist nicht mehr so robust, wie er einmal war.“ Irgendwann werde beim Mindestlohn der Kipppunkt erreicht. Das könne Jobs in bestimmten Bereichen kosten. „Dann gibt es keine Bäckereien mehr, sondern Ketten mit Industrieware“, sagte der IW-Experte.
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