So symbolträchtig die Frage ist, ob ÖVP oder FPÖ als stärkste Kraft in den Wiener Nationalrat einzieht – Österreichs grundsätzliches Problem war offenkundig, lange bevor am Sonntagabend die ersten Zahlen veröffentlicht wurden: Die sehr weit rechts stehende FPÖ ist in der Zweiten Republik längst zu einer zentralen Kraft aufgestiegen, die die Politik des Landes prägt und die anderen Parteien vor sich hertreiben kann.
Ein Wahlkampf in übelsten Tönen
Und das, obwohl (oder vielleicht gerade weil) sie sich unter Herbert Kickl immer weiter radikalisierte und nicht mehr nur die altbekannten fremdenfeindlichen Bilder bediente, sondern mit übelsten Beschimpfungen über politische Gegner herzog und keinen Hehl aus ihrer Nähe zu Rechtsextremen machte.
In Österreich ist längst bittere Realität, was Deutschland nach den letzten Landtagswahlen von Osten her überkommt. Der Ton war in Österreich schon immer ein anderer. Aus der eigenen Geschichte leitete man nie die gleichen strengen Tabus ab wie in der Bundesrepublik.
Entsprechend sah man in Wien und den Landeshauptstädten auch keine Notwendigkeit, Brandmauern hochzuziehen. Die FPÖ wurde immer wieder eingebunden – und ihre Höhenflüge damit ein ums andere Mal beendet. Denn in den Mühlen der Regierungsverantwortung prallten auch die „Freiheitlichen“ auf den Boden der Tatsachen und wurden anschließend vom Wähler zurechtgestutzt, auch wenn sie nie gänzlich verschwanden.
Ist eine Deradikalisierung möglich?
Unter Herbert Kickl wird das in Zukunft nicht so leicht sein – und das nicht nur, weil die FPÖ Anspruch auf das Kanzleramt erheben würde, Kickl hat schon in seiner Zeit als Innenminister deutlich gemacht, wie weit er zu gehen bereit ist. ÖVP-Chef Karl Nehammer tat gut daran, von Anfang an klarzumachen, dass er eine Zusammenarbeit mit der FPÖ zwar nicht grundsätzlich ausschließt, mit Kickl aber schon.
Es wäre ein politisches Experiment, das man auch in Deutschland aufmerksam verfolgen sollte: ob sich eine Partei deradikalisieren kann, wenn man ihr eine Option zur Mitwirkung in Aussicht stellt – unter der klaren Bedingung, dass sie sich von den Extremisten in ihrer Führung löst. Der Ausgang dieses Experiments ist offen.
#Election #Austria #Victory #FPÖ #Kickl #instructive #Germany