Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat für den Fall antisemitischer Äußerungen anlässlich des Jahrestags des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 hartes Durchgreifen angekündigt. Angesichts der darauffolgenden Eskalation der Gewalt im Nahen Osten brauche es Raum für Trauer, und natürlich gehöre friedlicher Protest zur Demokratie, sagte Faeser dem „Tagesspiegel“.
„Gleichzeitig gilt aber: Wenn wir erneut widerwärtigen Judenhass, Aufrufe zur Vernichtung Israels, islamistische Terrorpropaganda oder Angriffe auf Einsatzkräfte erleben müssen, dann muss die Polizei schnell und hart einschreiten“, mahnte die Ministerin. Die Polizeikräfte hätten dafür ihre volle Rückendeckung.
Bereits vor dem Jahrestag am 7. Oktober wollen Menschen mit Kundgebungen und Demonstrationen an das Hamas-Massaker in Israel und den Gaza-Krieg erinnern. In Berlin und andernorts sind für das Wochenende zahlreiche Veranstaltungen angekündigt. Die Polizei stellt sich auf einen Großeinsatz ein.
Die Gewerkschaft der Polizei erwartet in der Hauptstadt eine „stadtweite, dynamische Lage“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnte vor einer Zunahme israelfeindlicher und antisemitischer Proteste.
Israels Botschafter fordert konsequentere strafrechtliche Verfolgung
Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat derweil eine konsequentere Anwendung der Strafgesetze gegen Antisemitismus und Israelhass gefordert. Es müsse verhindert werden, “dass Juden 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Angst haben, in Deutschland zu leben”, sagte Prosor im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Er prangerte eine “unfassbare Antisemitismuswelle” seit dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres an.
“Die Politik muss viel deutlicher klarstellen, dass Judenhass und Parolen wie ‘Free Palestine from the River to the Sea’ strafbar sind,” forderte Prosor. Mit dem Slogan, der auch häufig bei pro-palästinensischen Demonstrationen in Deutschland zu hören ist, wird Israel de facto das Existenzrecht abgesprochen.
Nach dem brutalen Angriff der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel vor einem Jahr habe es einen massiven Anstieg des Antisemitismus von rechts gegeben, “aber auch sehr viel Links-Antisemitismus und auch insbesondere muslimischen Antisemitismus”, erläuterte Prosor. Einen Grund dafür sieht der Diplomat in einer “einseitigen Haltung” gegenüber Israel, die “nichts mit sogenannter legitimer Kritik gegenüber einem demokratischen Staat zu tun” habe.
Unter dem Deckmantel der Israelkritik gebe es an deutschen Universitäten und in der Kulturszene bereits “seit Jahren Versuche, Israel zu dämonisieren und zu delegitimieren”. “Das können wir uns nicht leisten”, mahnte Prosor mit Blick auf die sprunghafte Zunahme antisemitischer Straftaten in Deutschland. Die Politik müsse hier “Klarheit schaffen”, forderte der Botschafter.
Als Beispiel nannte er den Farbanschlag auf das Haus von Berlins Kultursenator Joe Chialo im September, bei dem pro-palästinensische Aktivisten den CDU-Politiker nach Angaben der Staatsanwaltschaft rassistisch beleidigt und volksverhetzende Parolen skandiert hatten. Viele Menschen, die sich mit Chialo solidarisch fühlten, hätten “nicht den Mut, das auch laut in der Öffentlichkeit zu sagen, weil sie einen Preis dafür bezahlen”, kritisierte Prosor.
Die Bundesregierung lobte Prosor zwar für ihr “großes Engagement” im Kampf gegen Antisemitismus. Hinsichtlich der konsequenten Anwendung der Gesetze etwa gegen Volksverhetzung seien aber größere Kraftanstrengungen nötig. Konkret nahm Prosor hierbei Politik und Öffentlichkeit in die Pflicht: “Es ist eine klare Verantwortung, nicht nur der deutschen Regierung, sondern der Gesellschaft insgesamt, dass sich Juden hier in Deutschland im Jahr 2024 nicht sicher fühlen.”
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