Im Prozess gegen einen Narkosearzt hat die Staatsanwaltschaft am Montag einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gestellt. Die Ankläger haben in diesem Zusammenhang zuvor beantragt, dass die Kammer dem Angeklagten einen rechtlichen Hinweis erteilt, wonach auch eine Verurteilung wegen versuchten Mordes durch Unterlassen aus Verdeckungsabsicht infrage komme. Aufgrund des dadurch zu erwartenden höheren Strafmaßes sei eine Fluchtgefahr nicht auszuschließen, hieß es in dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
Nach Behandlungen in einer Zahnarztpraxis in Kronberg im September 2021, bei denen der Angeklagte für die Narkose verantwortlich war, mussten mehrere Kinder aufgrund einer Sepsis mehrere Wochen lang in der Frankfurter Uniklinik behandelt werden. Eine Vierjährige starb einen Tag zuvor noch in der Zahnarztpraxis. Der 67 Jahre alte Anästhesist muss sich deshalb seit Mitte August wegen Körperverletzung mit Todesfolge und der gefährlichen Körperverletzung vor dem Landgericht Frankfurt verantworten.
Zahnärztin solle „nicht so eine große Welle machen“
Die Staatsanwaltschaft sagt: Nach dem Tod des Mädchens hätte der Arzt sofort auf die Einweisung in eine Klinik bestehen müssen, nachdem er von dem schlechten Gesundheitszustand der anderen Kinder erfahren hatte. Die Eltern der Kinder hatten den Medizinier angerufen, weil ihre Kinder nach der Behandlung schwer erkrankt waren. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft war ein Zusammenhang mit dem Tod des Mädchens einen Tag zuvor zu diesem Zeitpunkt eindeutig gewesen. Verschiedene Zeugen sagten in den vergangenen Verhandlungstagen aus, dass der Angeklagte empfohlen habe, zum Kinderarzt zu gehen, falls sich der Zustand nicht bessert. Der Zahnärztin aus der Praxis, die sich eigenen Angaben nach besorgt gezeigt hatte, habe er zudem gesagt, man solle „nicht so eine große Welle machen“.
Die Kammer muss nun über den Antrag entscheiden. Zuvor wollte die Vorsitzende Richterin an diesem Verhandlungstag noch mehrere Sachverständige zu medizinischen Fragen hören, um eine Entscheidungsgrundlage zu haben. Zwei Gutachter, die unter anderem die verwendeten Spritzen, Propofol-Flaschen und Blutproben der Kinder auf Keime untersucht hatten, sind sich in ihren Aussagen einig: Bei der Propofol-Injektion muss es zu einem sich wiederholenden Fehler gekommen sein. Entweder dadurch, dass die Narkosemittel durch mangelnde Hygiene immer wieder mit den Keimen kontaminiert wurden. Oder dadurch, dass mehrfach dieselbe kontaminierte Propofol-Flasche verwendet wurde.
Letzteres bestritt der Angeklagte in seiner Einlassung am ersten Verhandlungstag. Er sprach davon, dass ihm „unbewusst Fehler in der Hygiene unterlaufen“ seien. Den Vorwurf der Anklage, er habe aus Kostengründen die Propofol-Flaschen mehrfach durchstochen und das Narkosemittel mit derselben Spritze aufgezogen, bestreitet er. Der Prozess wird fortgesetzt.
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