Kurz vor einem erneuten Gesprächstermin der Bundesregierung mit der Union über die Migrationspolitik häufen sich Vorschläge und Forderungen. CSU-Chef Markus Söder und FDP-Chef Christian Lindner haben sich dafür ausgesprochen, die Zahl der Asyl-Erstanträge auf unter 100.000 zu reduzieren. Die AfD-Bundestagsfraktion beschloss ein Positionspapier, in dem sie den Kampf gegen „illegale Masseneinwanderung“ als Thema Nummer eins vor der Bundestagswahl benennt.
Der Städte- und Gemeindebund drängt den Bund auf mehr Abschiebungen. Es sei richtig, die Anstrengungen zu verstärken, dass Menschen ohne Bleiberecht in ihre Herkunftsländer zurückkehrten, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger. Eine „Task Force Abschiebungen“ würde die Prozesse beschleunigen und effizienter gestalten, sagte er der „Rheinischen Post“. Bislang sind Abschiebungen Ländersache, auch wenn die Länder sich bei der Durchführung Unterstützung der Bundespolizei holen.
Berghegger sagte, es sei „bedauerlich und unverständlich“, dass die Kommunen in die Migrationsberatungen nicht unmittelbar eingebunden seien. Sie müssten mit am Tisch sitzen, wenn Entscheidungen über Migration und Sicherheit getroffen werden. Bereits beim Migrationsgipfel am vergangenen Dienstag hatten die Kommunen auf eine Beteiligung gepocht.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach sich in der „Rheinischen Post“ für Zurückweisungen von Asylbewerbern an den Grenzen aus, wenn den Beamten der Bundespolizei daraus „im Nachgang keinerlei rechtliche Probleme entstehen“. Der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, verwies zugleich darauf, dass „die Bundespolizei bereits jetzt am Limit arbeitet und eine weitere Belastung nicht auf Dauer zu leisten wäre“.
Gespräche unter schwierigen Vorzeichen
Die neuen Gespräche von Regierung, Opposition und Ländern sollen am kommenden Dienstag stattfinden. Friedrich Merz stellt allerdings Vorbedingungen. Der CDU-Chef macht zur Voraussetzung, dass die Bundesregierung vorab auf seine Forderungen insbesondere zu Zurückweisungen eingeht. Bundeskanzler Olaf Scholz entgegnete, die von Merz geforderten Zurückweisungen an der Grenze gebe es schon. Er zeigte sich aber offen für Nachschärfungen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums vom Freitag wurden seit Oktober 2023 an den deutschen Grenzen mehr als 30.000 Menschen zurückgewiesen.
Die Ampel-Koalition hat beim Migrationsrecht mehrfach Verschärfungen beschlossen, so etwa zu Jahresbeginn Erleichterungen bei Abschiebungen. Der mutmaßlich islamistisch motivierte Messeranschlag von Solingen Ende August heizte die Debatte weiter an. Im Anschluss legte die Bundesregierung kurzfristig ein „Sicherheitspaket“ mit weiteren Maßnahmen vor. Dies umfasst unter anderem eine Ausweitung von Messerverboten, Leistungsstreichungen für bestimmte ausreisepflichtige Flüchtlinge und zusätzliche Ermittlungsbefugnisse für die Sicherheitsbehörden.
Söder: Deutschland überfordert
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Söder forderte am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ mit Blick auf die jährlichen Asyl-Erstanträge hierzulande: „Insgesamt muss die Zahl deutlich auf weit unter 100.000 auf Dauer reduziert werden, weil wir tatsächlich überfordert sind“ – und dies „nicht nur, was Kitas betrifft und Schulen und Wohnungen“. Deutschland sei „auch zum Teil kulturell überfordert“. Söder befand. „In vielen deutschen Städten fühlen sich auch die deutschen Einwohner gar nicht mehr zuhause.“
Der FDP-Vorsitzende Lindner sagte im „Bericht aus Berlin“ zu den Forderungen, die Zahl der Asyl-Erstanträge auf unter 100.000 zu reduzieren: „Die Zahl kann ich mir zu eigen machen.“ Er sei in der Migrationspolitik bereit, „dass wir alles tun, was politisch, rechtlich und logistisch möglich ist“. So müsse es „eine Form der Zurückweisung geben“.
Lindner beharrte auf ein Mitspracherecht seiner Partei in der Migrationsdebatte. Auf die Frage, inwieweit Scholz zur Durchsetzung von Zurückweisungen an der Grenze seine Richtlinienkompetenz einsetzen sollte, antwortete er: „Das wird nicht funktionieren, in Koalitionsregierungen mit ‘Basta’-Argumenten zu arbeiten.“
Lindner macht CDU Vorhaltungen
Der CDU warf der FDP-Chef mit Blick auf die Migrationsdebatte vor, „dass da versucht wird, parteipolitischen Gewinn zu erzielen, dass da taktisch gearbeitet wird“. Die CDU werde beim Thema Einwanderung jedoch nichts gewinnen, sagte der Bundesfinanzminister. „Sie kann höchstens die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht stärken.“
Die AfD-Bundestagsfraktion benennt die Migrationspolitik als eines der wichtigsten Themen bis zur Bundestagswahl im September 2025. In ihrem am Sonntag beschlossenen Positionspapier fordert sie unter anderem einen „lückenlosen Grenzschutz“ – „notfalls auch durch den Einsatz von Grenzzäunen“ – sowie die konsequente Zurückweisung und Abschiebung illegaler Einwanderer. Für Menschen, die aus sicheren Drittstaaten oder ohne Ausweisdokumente einreisen, dürfe es keine Asylverfahren geben, heißt es in dem Papier.
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